AKG: Der ehemalige Schulleiter Klaus Knoche referierte vor Schülern der neunten Klassen.
BENSHEIM. Der ehemalige AKG-Schulleiter Klaus Knoche referierte vor der Jahrgangsstufe 9 über das Schicksal zweier jüdischer Familien aus Seeheim-Jugenheim. Wenn es um das Begreifen historischer Zusammenhänge geht, kann nichts das konkrete, regionalgeschichtliche Beispiel ersetzen. Das machte die Präsentation Klaus Knoches deutlich.
Zunächst stellte der Referent die Familie Rosenfeld aus Seeheim vor. Mit vielen Bildern und emotional ergreifend zeigte Klaus Knoche, wie nach 1933 die Verfolgung und Entrechtung zunahmen. Es begann mit dem Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933. Das traf auch den kleinen Laden der Rosenfelds, so dass Emilie Rosenfeld anschließend durch den Odenwald ziehen musste, um ein wenig Geld zu verdienen.
Die Söhne wurden an der Seeheimer Schule so diskriminiert, dass die Eltern sie an eine jüdische Schule in Darmstadt abmeldeten. Um dem älteren Sohn 1938 die Auswanderung nach New York zu ermöglichen, musste die Familie auf letzte finanzielle Reserven zurückgreifen. Während des Novemberpogroms 1938 wurde das Haus der Rosenfelds in der Seeheimer Schlossstraße verwüstet.
Flucht aus Deutschland
Anschließend starb der zu dieser Zeit 65-jährige Hermann Rosenfeld. Es gelang Emilie Rosenfeld, ihren Sohn Erich in einem der letzten Kindertransporte aus Deutschland unterzubringen, so dass er die Vernichtungspolitik überleben konnte.
Ihren Bruder Max brachten die Nazis zunächst in die Psychiatrie nach Heppenheim, von dort weiter nach Hadamar, wo er am 4. Februar 1941 wegen seiner Behinderung und seiner jüdischen Herkunft ermordet wurde. Auch Emilie Rosenfeld überlebte die Verfolgung nicht. Sie wurde 1942 in eines der Lager im Osten deportiert.
Die Familie Brodnitz, die Klaus Knoche im zweiten Teil seiner Präsentation vorstellte, lebte seit 1922 in Jugenheim in einer Villa in der Hauptstraße. Siegfried Brodnitz arbeitete als Arzt in Frankfurt im Krankenhaus, wo unter anderem auch Anne Frank zur Welt kam. Wegen der antisemitischen Maßnahmen in Deutschland floh Sohn Peter 1935 nach Mombasa (Kenia), schloss sich der britischen Armee an und fiel 1943 als britischer Soldat in Italien.
Obwohl in Jugenheim im November 1938 kein Pogrom stattfand, wurden die dort lebenden Juden anschließend ebenfalls Opfer der nationalsozialistischen Willkür. Auch die Familie Brodnitz wurde eines Teils ihres Vermögens durch die Judenvermögensabgabe vom 12. November 1938 beraubt.
Die jüngste Tochter Martha und die Eltern Siegfried und Tilly Brodnitz überlebten die Verfolgungs- und Repressionsmaßnahmen nicht. Zunächst verkauften sie 1939 ihr Jugenheimer Haus und zogen nach Frankfurt. Von dort wurden die Eltern im August 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie einige Wochen später ums Leben kamen.
Beitrag zur Aufklärung
An die Präsentation schloss sich eine kurze Diskussion an. Die Beiträge der Schüler machten deutlich, dass ihnen durch diesen Vortrag einige Aspekte der nationalsozialistischen Geschichte nachvollziehbarer geworden waren.
Klaus Knoche wollte seinen Vortrag auch als Teil der Aufklärungsarbeit gegen rechtsradikale Bestrebungen heute verstanden wissen. Dafür erhielt er viel Beifall. red
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 17.03.2015