Altes Kurfürstliches Gymnasium Bensheim

Gymnasium mit altsprachlichem Zweig
Schule mit musikalischem Schwerpunkt
Partnerschule des Leistungssports

ERSTE HILFE: Gymnasium erhält von der Björn-Steiger-Stiftung einen Defibrillator

BENSHEIM. Jede Minute zählt und entscheidet über Leben und Tod. Beim plötzlichen Herztod ist dies so. In 80 Prozent aller Fälle von Herz- Kreislauf-Stillstand handelt es sich um Rhythmusstörungen, die ausschließlich mit einer sofortigen Herzdruckmassage und mit Hilfe eines Defibrillators behoben werden können. Das Zeitfenster ist extrem klein. Es beträgt maximal drei bis fünf Minuten. Danach sinken die Chancen auf eine Wiederbelebung drastisch. Auf den Rettungsdienst zu warten ist Unsinn. Wer Leben retten will, muss handeln.

Mit der bundesweiten Aktion "Retten macht Schule" setzt sich die Björn-Steiger-Stiftung seit 2009 für die Lebensrettung ein, schult Pädagogen und Schüler im "Unterrichtsfach Lebensrettung" und stellt spezielle Übungspuppen und Defibrillatoren kostenfrei zur Verfügung. Über 50 000 Schüler wurden so bereits zu Lebensrettern ausgebildet.
 
Zeit als lebenswichtiger Faktor
 
Demnächst zählen auch die Schüler des AKG zu diesem ausgewählten Kreis. Florian König, Leiter des dortigen Schulsanitätsdienstes, hat Kontakt mit der Stiftung aufgenommen und konnte gestern den Leiter der Medizinischen Ausbildung, Klaus Dietrich, begrüßen. Und der hatte nicht nur einen Defibrillator als Spende der Stiftung dabei, der in einem Kasten am Haupteingang deponiert wird und auch für benachbarte Schulen und Schulfremde erreichbar ist, sondern auch mehrere "Rundum-sorglos-Pakete" mit Infomaterialien und Puppen zur Reanimation.
 
Er informierte zudem eine Gruppe von Fachlehrern aus dem Biologie- und Sportbereich, warum die Zeit ein lebenswichtiger Faktor im Kampf gegen den plötzlichen Herztod ist. Anhand der Übungspuppe demonstrierte er, wie eine Herz-Lungen-Wiederbelebung funktioniert, weshalb man so fest wie möglich drücken muss - und dies mindestens 30 Mal - und sich von Knacksgeräuschen nicht aus der Fassung bringen lassen sollte: "Reanimation macht nun Mal Geräusche. Das muss man wissen. Es ist ganz normal."
 
An den Lehrern liegt es nunmehr, ihr Wissen in Sachen Lebensrettung an "möglichst viele AKG-Schüler" weiterzugeben. Ein bis zwei Schulstunden sollten dafür ausreichen, so der Trainer der Steiger-Stiftung. Eine von mehreren Möglichkeiten dazu bieten die Projekttage.
 
Auch in der Handhabung des nagelneuen Defibrillators - als lebensrettende Sofortmaßnahme nach der Herzdruckmassage und dem Eingreifen des Rettungsdienstes - werden die Jugendlichen unterrichtet. "Man kann absolut nichts falsch machen. Man muss nur den Ansagen Folge leisten", nahm Dietrich den erwachsenen Ersthelfern und Lehrkräften die Scheu. Durch gezielte Stromstöße werden mit dem Defibrillator Herzrhythmusstörungen beendet. Immer mehr solcher Geräte sind auf Intensivstationen, in öffentlichen Gebäuden wie Rathäuser, Bahnhöfe und Flughäfen bereitgestellt.
 
Die Björn-Steiger-Stiftung will mit ihrem Projekt "Retten macht Schule" etwas erreichen, was in den USA zum Alltag gehört: die flächendeckende Einführung von Wiederbelebungskursen an allen Schulen als Pflichtlernstoff. Auch die derzeit 22 Schüler des Schulsanitätsdienstes am AKG, die teilweise eine Sanitäterausbildung haben und mindestens die 9. Klasse besuchen, machen sich bald fit in Sachen Lebensrettung.
 
Seit 2008 wurden an der Schule über 1500 kleinere und größere Einsätze auf dem Schulhof und in den Klassenzimmern dokumentiert - und regelmäßig wird an Fallbeispielen der Ernstfall trainiert. gs
 
DIE STIFTUNG
 
Die Björn-Steiger-Stiftung setzt sich seit über 45 Jahren für die Verbesserung der Notfallhilfe in Deutschland ein.
 
Bis Ende der 1960er Jahre gab es weder Funk noch Leitstellen, keine Rettungswagen, keine Notarztsysteme und keine einheitlichen Notrufnummern. Dass diese Dienste heute deutschlandweit Standard sind, ist der Stiftung zu verdanken.
 
Stiftungsgründer sind die Eltern von Björn Steiger. Im Alter von knapp neun Jahren wurde er auf dem Heimweg vom Schwimmbad von einem Auto erfasst. Obwohl Passanten sofort Polizei und Rettungsdienst alarmierten, dauerte es fast eine Stunde, bis der Krankenwagen eintraf. Björn starb am 3. Mai 1969 nicht an seinen Verletzungen, sondern an einem Schock. gs
 
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 10.05.2016