Altes Kurfürstliches Gymnasium Bensheim

Gymnasium mit altsprachlichem Zweig
Schule mit musikalischem Schwerpunkt
Partnerschule des Leistungssports

Wird man in Zukunft schwere Krankheiten nur dann heilen können, wenn vorab ethisch problematische Datenerhebungen in Bezug auf das eigene Erbgut vorgenommen werden? Diese Frage stellte sich kürzlich 47 Schülerinnen und Schülern des AKG, die unter Leitung ihrer Lehrer Dr. Ulrich Treubert-Zimmermann und Christian Polzer an einer Exkursion zum EMBL (European Molecular Biology Laboratory) in Heidelberg teilnahmen.

Grundlagenforschung

An den Instituten des EMBL wird weltweit von 85 unabhängigen Gruppen molekularbiologische Grundlagenforschung betrieben; außerdem werden Fortbildungen in erster Linie für Wissenschaftler aber auch Lehrer und Schüler organisiert und Wissenstransfer in die Industrie durch Entwicklung spezieller Instrumente oder Technologien geleistet.

Dr. Jan Korbel, Leiter eines Forschungsteams am EMBL, hielt im Rahmen der "EMBL Insight Lecture 2010" eine Vorlesung, die live von weiteren Schülern in Deutschland, Griechenland, Niederlande, Portugal, Rumänien und Schweden per Internet-Livestream verfolgt wurde.

Dr. Korbel hielt seinen Vortrag in englischer Sprache. Er konzentrierte sich dabei auf die Analyse von genetischer Variation im menschlichen Genom, unter anderem mit dem Ziel in Zukunft eine bessere Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen zu ermöglichen.

Dabei ist die Sequenzierung der DNA essentiell, denn jede Art von Krebs hat ihre individuelle Ursache in unterschiedlichen Genommutationen eines Menschen. Die modernsten Maschinen, die für die DNA-Sequenzierung eingesetzt werden, brauchen für das Lesen eines Genoms nur noch zehn Tage.

Dies gelingt, indem das drei Milliarden Nukleotide zählende Erbgut in Millionen von Bruchstücke von nur 100 Nukleotiden auf Glas-Chips aufgebracht und so weit vervielfältigt wird, dass es durch spezielle Digitalkameras in den Sequenziermaschinen aufgenommen und gelesen werden kann.

Die immer schneller gewordenen Mikroprozessoren von Hochleistungsrechnern bringen die zufälligen Bruchstücke dann in ihre richtige Reihenfolge. Ein gewaltiger Fortschritt, der zu einer enormen Kostenminimierung geführt hat und gleichzeitig das bis 1990 angewandte Verfahren des Zählens einzelner Basensequenzen durch Wissenschaftler abgelöst hat.

Die Hoffnung der Forscher ist es, zum einen die Diagnostik zu verbessern, so dass der Arzt anhand der Untersuchung bestimmter DNA-Abschnitte frühzeitig Krebs diagnostizieren kann. Zum anderen arbeiten die Forscher an der Ermöglichung einer personalisierten Form der Krebstherapie, die die individuellen Genommutationen mit einbezieht.

Dr. Korbel ist zuversichtlich, dass womöglich bereits in fünf Jahren mit Fortschritten in der Diagnostik zu rechnen ist, die auf der Technik der DNA-Sequenzierung beruhen. "Science-Fiction" sei es allerdings noch, dass jeder Einzelne seine persönliche Genomausstattung - etwa auf einem iPod - mit zum Arzt nehmen kann, was die frühzeitige Erkennung und Therapie der auf Genmutation beruhenden Krankheiten deutlich erleichtern könnte.

Ethische Aspekte

Die Schüler hatten während des Vortrags die Möglichkeit, Fragen zu stellen, die sich allerdings auf der wissenschaftlichen Ebene bewegten und nicht die ebenso wichtigen ethischen Aspekte dieser Datenerhebung ansprachen.

Solche Fragestellungen, wie Aussagekraft und Konsequenzen für Betroffene und Risiken, die sich aus einem Missbrauch solcher Daten durch Kostenträger des Gesundheitswesens, Versicherungen oder Arbeitgeber ergeben, wurden im Anschluss in persönlichen Gesprächen thematisiert. Jan Wörner

Bergsträßer Anzeiger 22. Dezember 2010